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Clik here to view.mmer wieder hören wir in unseren Beratungen den Satz: „Ein Pferd frisst instinktiv das, was es braucht und meidet Giftpflanzen." Leider entspricht das nicht der ganzen Wahrheit. An Wildpferden konnten die Wissenschaftler beobachten, dass giftige Pflanzen und Kräuter bewusst gemieden werden und man ging davon aus, dass sie instinktiv wissen, was Ihnen guttut und was nicht. Mittlerweile weiß man, dass die Jungen von den Alten lernen und so wurde das Wissen immer an die nächste Generationen weitergegeben. Insbesondere die Mutterstute spielt hier im ersten Jahr eine wesentliche Rolle. Sie trainiert ihr Fohlen regelrecht darauf, was in den Magen darf und was nicht. Nachdem wir die Pferde domestiziert haben, ist ihnen dieses Verhalten fast verloren gegangen. Schuld daran sind die sehr reduzierten Weideareale, mangelhafte Artenvielfalt und Haltungsformen, die mit einer natürlichen Wildpferdeherde nur wenig zu tun haben. Während Wildpferde große Territorien zur Verfügung und dadurch 24 Stunden ein Angebot an Nahrung haben, müssen sich unsere domestizierten Pferde mit dem zufrieden geben, was sie angeboten bekommen. Unsere heimischen Gräser, Pflanzen und Kräuter haben oft mit der natürlichen Vegetation, in der die Wildpferde oder auch frei lebende Pferdeherden leben, wenig gemeinsam. Aber selbst innerhalb einer Wildherde kommt es immer wieder zu schweren Hufrehen oder Vergiftungen. Sich also grundsätzlich auf den richtigen Riecher der Pferde zu verlassen, ist am Ende ein gewagtes – ja sogar lebensbedrohliches – Unterfangen.
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Pflanzengifte – kurz & knappAlkaloide:✔️ oft in richtiger Menge als Heilmittel einsetzbar ❌ bitterer Geschmack und in den meisten Fällen giftig Enzyme:✔️ existenziell wichtig für den Stoffwechsel und Organismus ❌ einige schaden dem Pferd in zu hoher Konzentration weitere Stoffgruppen:Hormone (Wachstumsregulatoren), Nitrate, Oxalsäure, Proteine, Saponine, Terpene und TerpenderivatePflanzen, in denen giftige Stoffe vorhanden sind:❗❗ Adlerfarn, Johanniskraut, Jakobskreuzkraut, Hahnenfuß, Löwenzahn, Herbstzeitlose,❗❗ Ahorn, Eiche, Kastanie, Tanne und Fichte |
Zum Glück enthalten viele Giftpflanzen Bitterstoffe, die das Fressen in frischer Form wenig attraktiv macht. Es ist also eher der Geschmack, als eine genetische Veranlagung, der Pferde dazu veranlasst etwas nicht zu fressen. Allerdings verlieren viele Giftpflanzen ihren bitteren Geschmack sobald sie getrocknet sind oder sie entwickeln diesen erst ab einer gewissen Wuchshöhe, so dass sie oft als junge Pflanze oder in getrockneter Form mitgefressen werden. Viele der Giftstoffe verlieren durch die Trocknung, den größten Teil ihrer Toxizität. Da Pferde aber wesentlich empfindlicher auf Giftstoffe reagieren als andere Tiere, reichen derartige Konzentrationen aus um Vergiftungssymptome herbeizuführen.
Nachfolgend möchte ich auf die wichtigsten Giftstoffe eingehen, die unseren Pferden Schaden zufügen können. Im zweiten Teil stelle ich einige giftige Pflanzen vor, die auf unseren heimischen Wiesen, Weiden und Feldern zu finden sind.
Vergiftungen des Pferdes keine Seltenheit
Das Pferde unter Vergiftungserscheinungen leiden, ist keine Seltenheit. In Abhängigkeit das pflanzlichen Giftstoffes und der Menge, die Pferde während der Futteraufnahme zu sich nehmen, kommt es zu ganz unterschiedlichen Vergiftungssymptomen. Zu unterscheiden sind auch immer akut auftretende oder chronische Vergiftungen. In akuten Fällen treten die Symptome unmittelbar nach der Aufnahme auf, bei einer chronischen Vergiftung sammelt sich der Giftstoff im Körper des Pferdes an und die Symptome werden erst sichtbar, wenn der Körper dem nichts mehr entgegen zu setzen hat. Bevor also ein Pflanzengift auf das Pferd sichtbar einwirkt, kann es von wenigen Sekunden bis zu mehreren Tagen bzw. Monaten dauern.
Eine erste Vorsichtsmaßnahme kann jeder treffen, indem man darauf verzichtet, sein Pferd auf unbekannten Wiesen fressen zu lassen. In Gebieten, in denen man sich als Pferdebesitzer nicht auskennt, ist es sinnvoll, vorher genau hinzusehen, wo man sein Pferd grasen lässt. Auch während des Ausrittes sollte man peinlich darauf achten, dass die Pferde nicht im Vorbeigehen an Pflanzen rupfen, die insbesondere aus Gärten in die Wege ragen. Nicht nur die heimischen Giftpflanzen stellen hier eine Gefahr für die Pferde dar, sondern auch exotische Giftpflanzen, die eigentlich für Häuser und Gärten gedacht waren. Bei vielen exotischen Giftpflanzen ist über die genaue Toxizität noch nicht so viel bekannt. Die Toxizität nicht nur vom Vorhandensein eines einzelnen Giftstoffes der Pflanze abhängig, sondern der Giftgehalt – also die Menge – steht auch immer im Zusammenhang mit den Voraussetzungen, die die Pflanze vorfindet. Voraussetzungen für einen niedrigen oder hohen Giftgehalt können sein:
- die Witterung
- die Vegetationsperiode
- die Sonneneinstrahlung
- die Düngung
- die Bodenbeschaffenheit
- der Herbizideinsatz
- der Parasitenbefall
- weitere Stressfaktoren
Die verschiedenen Gifte werden in sogenannte Stoffgruppen unterteilt und kategorisiert. Nachfolgend die wichtigsten toxischen Stoffgruppen, deren pflanzliche Vertreter und die auftretenden Symptome:
haben einen bitteren Geschmack und sind in den meisten Fällen giftig, können aber in der richtigen Menge als Heilmittel eingesetzt werden wie z.B. Morphin (Schmerzlinderung) oder Chinin (zur Malariabekämpfung). Insgesamt gibt es ca. 20.000 verschiedene Alkaloidearten.
Atropin, Scopolamin:
- Tollkirsche, Stechapfel, Engelstrompete, Krainer Tollkraut
- Wirkung: Tobsucht, Krämpfe gefolgt von Koma, bei hohen Scopolaminanteil zentral dämpfend (Atemlähmung)
Colchicin:
- Hauptalkaloid der Herbstzeitlose
- Wirkung: Kolik und Durchfall, Schluckbeschwerden und Atemlähmung
Pyrrolizidine:
- Jakobskreuzkraut, Alpenkreuzkraut, echte Hundszunge und tropische Heliotropiumarten
- Wirkung: Bei wiederholter Verfütterung von Heu oder Silage mit hohem Kreuzkrautanteil treten Rektrumprolaps, Leberzirrhosen und Ascitis auf.
Solanin:
- Nachtschattengewächse (auch Kartoffel)
- Wirkung: schädigt die Schleimhäute, Durchfall, Krämpfe, Paresen und Atemlähmung
Strychnin:
- Alkaloid aus der Brechnuss
- Wirkung: Unruhe, Krämpfe, Hyperthermie
Taxin:
- ist für die Toxizität der Eibe verantwortlich
- Bradykardie und Herzstillstand
Cyanogene Glycoside:
- Kirschlorbeer, Keime anderer Prunusarten, Flachs, Kernobst
- Symptome: Dyspnoe, Krämpfe, hellrotes Blut
Enzyme
sind für den Stoffwechsel und den Organismus existenziell wichtig, da sie viele Funktionen im Körper beeinflussen. Hauptsächlich die biochemischen Reaktionen, wie z.B. den Verdauungsvorgang. Einige schaden dem Organismus des Pferdes in zu hoher Konzentration.
Thiaminase:
- vor allem in allen Farngewächsen (Adlerfarn) und Schachtelhalmgewächse enthalten.
- Wegen der Zerstörung von Vitamin B1 führt die Aufnahme dieser Pflanzen zur „Taumelkrankheit“
- Symptome: Erregbarkeit, Ataxie, Lähmung der hinteren Extremitäten
Furocumarine:
- Furcocumarine sind in besonders hoher Konzentration im Riesenbärenklau zu finden
- Psoralen und andere Fucomarine sind phototoxische Stoffe, welche die Empfindlichkeit der Haut gegenüber dem Sonnenlicht steigern
Herzglycoside:
- Die Herzglycoside der Digitalis- und Strophanusarten (Fingerhut) werden therapeutisch eingesetzt.
Glycoside:
- Meerzwiebel, Oleander, Maiglöckchen, Pfaffenhütchen
- Symptome: Gastroenteritits, Erbrechen, Durchfall, Herzfunktionsstörungen, Arrhythmien, Herzstillstand
Hormone (Wachstumsregulatoren)
steuern in der Pflanze z.B. das Wachstum, die Keimung und die Samenreife. Einige Hormone allerdings können für Pferde giftig sein.
Herbivoren:
- Der hohe Vitamin D-Gehalt von gewissen Pflanzen – zum Beispiel dem Goldhafer – führt zu Vergiftungen (enzootische Kalzinose).
- Symptome: Lethargie, Anorexie, Erbrechen, Durst, Polyurie, Paresen und Depression
Nitrate
sind Salze, die vor allem in der Düngung eingesetzt werden, da sie von den pflanzlichen Organismen gerne als Stickstoffquelle angenommen und weiterverarbeitet werden. Ist der Nitratgehalt in den Pflanzen zu hoch, kann es für die Pferde schädlich sein.
- über 100 Pflanzenarten speichern Nitrat z.B. Hafer, Gerste, Zuckerrübe, Raps, Mais
- Symptome: Methämoglobinbildung, schokoladenbraun gefärbtes Blut
Oxalsäure
entsteht bei verschiedenen Abbauprozessen im pflanzlichen Stoffwechsel. In höherer Konzentration kann sie gesundheitliche Schäden verursachen.
- sind in Ampferarten (z.B. Sauerampfer), sowie in Aronstab- und Gänsefussgewächsen enthalten
- Symptome: lokal leicht reizend (Salivation, Durchfall), Anzeichen eines Calciummangels (Bradykardie, Rhythmusstörungen)
Proteine
sind Eiweiße, die wiederum aus einer Kette von Aminosäuren bestehen. Die Aminosäuren verbinden sich, um im Magen-Darm Trakt wieder in ihre Einzelteile zerlegt zu werden. Einige Pflanzen enthalten Proteine, die für das Pferd schädlich sind.
- In den Samen der Ricinusstaude, in den Samen der Paternodtererbse, aber auch in den Kernen und Schoten der Gartenbohne. Ricinusöl ist hingegen ungiftig. Auch in der falschen Akazie zu finden.
- Symptome: großflächige Nekrosen in der Magen – Darm Schleimhaut sowie in Leber, Nieren und Milz
Saponine
werden von Pflanzen gebildet, um sich gegen Pilz- und Insektenbefall zu schützen. In geringeren Mengen haben sie heilkundliche Eigenschaften.
- enthalten in der Rosskastanie, Alpenveilchen und verschiedenen Hahnenfussgewächsen
- Symptome: wirken membranschädigend, Zerstörung der Magen-Darm-Schleimhaut, Durchfall und Hämolyse
Terpene und Terpenderivate
sind organische Substanzen, die aus verschiedenen Pflanzen und Bäumen gewonnen werden. Die meisten Terpene sind tödlich.
- enthalten in Zypressengewächsen (zum Beispiel Thuja), aber auch in einigen Nadelhölzern
- Symptome: Gastroenteritis, Krämpfe, Koma
Pflanzengifte lauern überall – Herbstzeitlose & Co.
Gerade auf unseren heimischen Wiesen lauern Giftpflanzen, die wir auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht gleich als solche erkennen würden. Diese Pflanzen sind nicht von Grund auf als schlecht zu betrachten. Sie haben im Laufe der Jahre gelernt sich mit Hilfe von Giftstoffen bestmöglich gegen alle möglichen Feinde zu verteidigen. Nachfolgend eine Übersicht der am häufigsten auf Wiesen und Weiden vorkommender Giftpflanzen:
Der Adlerfarn:Image may be NSFW. Bei Pferden kann eine Menge von 2 kg täglich über einen Monat tödlich sein. |
Johanniskraut:
Image may be NSFW. Als gefährliche Menge werden ca. 0,5% der Körpermasse des Pferdes geschätzt. |
Jakobskreuzkraut:Image may be NSFW. |
Hahnenfuß:Image may be NSFW. |
Löwenzahn:Image may be NSFW. |
Herbstzeitlose:Image may be NSFW.
Bei Pferden liegt die tödliche Menge bei 1,2 bis 3kg. |
Ahorn:Image may be NSFW.
Die ersten Vergiftungserscheinungen treten ab einer Menge von 165 bis 8000 Samen oder 500 g Ahornlaub auf. Bei den Keimlingen scheinen nur einige wenige davon zu reichen. |
Eiche:Image may be NSFW.
Eine genau Menge, ab wann erste Vergiftungserscheinungen auftreten, ist noch nicht bekannt. |
Kastanie:Image may be NSFW.
Eine genaue Mengenangabe, ab wann die Symptome eintreten, ist noch nicht bekannt. |
Tanne und Fichte:Image may be NSFW.
Speziell bei der Fichte kommt noch hinzu, dass sie Terpentinöl enthält, was zu geröteten Schleimhäuten, Koordinationsprobleme und vermehrten Speichelfluss führen kann. |
In zwei weiteren Fachartikeln werden wir auf die gefährlichsten Giftpflanzen eingehen und auch über alle wichtigen Maßnahmen, die im Fall einer Vergiftung getroffen werden müssen, informieren.
Die Artikelserie:
Lesen Sie auch: Teil 2: Die gefährlichsten Pflanzen für Pferde im Wald und auf der Wiese
Lesen Sie auch: Teil 3: Vergiftung beim Pferd – was tun?
Quellen: https://www.feinehilfen.com/erstehilfe_bei_vergiftungen, https://www.tiergesund.de/ernaehrung/pferd/giftig-blumen, http://www.enpevet.de/Lexicon/ShowArticle/41843/Vergiftungen, https://www.garten-schlueter.de/media/pdf/b2/81/a1/schlueter-giftige-pflanzen-pferde.pdf, https://www.tiergesund.de/krankheiten/pferd/vergiftet, https://www.tiergesund.de/ernaehrung/pferd/giftig-baeume, http://www.giftpflanzen-fuer-pferde.de/, http://www.giftpflanzen.com/, http://www.vetpharm.uzh.ch/clinitox/pfd/toxfpfd.htm, http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?clinitox/toxdb/PFD_002.htm?clinitox/pfd/toxipfd.htm, http://www.vetpharm.uzh.ch/perldocs/index_x.htm, Giftpflanzen – Was Pferde fressen dürfen; Marina und Uwe Lochstampfer; Cadmos Verlag 2. Auflage 2016; Schwarzenbek