Für viele Pferdebesitzer ist ja alles das Gleiche und sogar das größte Pferdemagazin in Deutschland scheint Probleme mit der Unterscheidung der einzelnen Hefen zu haben. Fälschlicherweise wurde hier die Lebendhefe für Pferde mit der handelsüblichen Backhefe gleichgestellt. In diesem Fachartikel wollen wir deswegen die Unterschiede sowie Vor- und Nachteile von Bierhefe pur und Bierhefe mit Treber bzw. der Lebendhefe (z.B. Saccharomyces cerevisiae - NCYC Sc 47) für das Pferd erläutern. Wie dosiere bzw. füttere ich Bierhefe an mein Pferd richtig und gibt es trotz der vielen Vorteile auch Nebenwirkungen oder gesundheitliche Risiken, wenn ich Bier- oder Lebendhefe dauerhaft füttere? Wie erkenne ich Qualitätsunterschiede und ist Lebendhefe denn immer gleich Lebendhefe?
Hefe ist nicht gleich Hefe und die Bezeichnung Saccharomyces beschreibt lediglich die Gattung des Hefepilzes, die jedoch ganz unterschiedliche Eigenschaften haben kann. Früher wie heute wird dieses „Lebewesen“ zur Herstellung von Alkohol oder Backwaren verwendet und geschätzt. Aber auch schon die Ägypter wussten deren Heilwirkung zu schätzten – auch wenn die Gründe hierfür noch lange nicht erforscht waren. Erst 1946 wurde erstmalig die ernährungsphysiologische Bedeutung der Hefe als Lieferant von hochwertigem Eiweiß, Vitaminen und Fetten beschrieben. Heute kann man hitze- oder säurebeständige Hefen züchten und deshalb in der Fütterung oder medizinischen Anwendung bei Pferden gezielt und sicher einsetzen.
Backhefe (trocken oder frisch) an Pferde füttern – Vorsicht massive Kolik-Gefahr!
Brauhefen (obergärige, bzw. untergärige) oder Backhefen werden auch heute noch bei akutem Durchfall empfohlen. Es ist hier unerheblich, ob man die Backwürfelhefe aus dem Kühlregal des Supermarktes oder die Trockenhefe zum Backen verwendet. Diese Hefebakterien vermehren sich insbesondere unter Sauerstoffentzug und Zuckerzugabe (z.B. über Getreide oder Obst) und bilden große Mengen an CO² und Alkohol. Bei Pferden führen diese vermehrungsfähigen Hefen zu massiven Blähungen, Magen- und Darmbeschwerden sowie kolikartigen Symptomen und sollten deshalb keinesfalls in dieser Form verfüttert werden.
Bierhefe vs. Biertreber fürs Pferd
Die am häufigsten an Pferde verfütterte Hefe ist die Bierhefe. Nicht selten findet man die Bierhefe auch in den unterschiedlichsten Ergänzungsfuttern. Bei der Bierhefe handelt es sich um bereits abgetötete Hefezellen (Präbiotika). Eine aktive Einflussnahme mittels lebender Mikroorganismen auf die Verdauung ist mit der Bierhefe daher nicht möglich. Dennoch hat das mittlerweile nicht mehr ausschließlich aus Brauereien stammende „Abfallprodukt“ viele Vorteile. Heute wird Bierhefe meist industriell für die Futtermittelindustrie hergestellt. Dies garantiert mittlerweile eine gleichbleibende Qualität. Reine Bierhefe fürs Pferd enthält eine Vielzahl wichtiger Vitamine, Mineralien und Spurenelemente.
Biertreber ist ebenfalls ein Nebenprodukt aus der Bierherstellung. Hierbei handelt es sich um die von der Bierwürze getrennten flüchtigen Bestandteile (Treber = Trester). Treber werden oft in der Tiermasthaltung und Milchviehhaltung als hochwertige und eiweißreiche Ergänzungen gefüttert. Bei Pferden besteht meist nicht die Notwendigkeit einer zusätzlichen Eiweißfütterung und häufig werden fälschlicherweise (da Getreiderückstände = hoher Rohfaseranteil) hohe Stärkegehalte vermutet. Diese sind aber durch die vorangegangene Vergärung der Stärke eigentlich sehr gering.
Bierhefe schmeckt vielen Pferden nicht pur, daher werden in Pferdefutter meist Bierhefe und Biertreber vermischt. Auch wenn damit die Gehalte zu Lasten der Bierhefe etwas fallen, steigt die Akzeptanz der Bierhefe bei Pferden stark an.
Bierhefe und die Wirkung auf Pferde
Die Bierhefe wird bei Pferden keine großen Wunder bewirken – dennoch liefert sie eine nicht unerheblich hohe Menge an B-Vitaminen und Biotin. Damit haben Bierhefe oder Biertreber (i.d.R. in Kombination mit Bierhefe) einen besonderen Stellenwert in der Pferdefütterung. Neben der B – Vitamine wird auch der Gehalt an Eiweißen (Aminosäuren und Rohprotein) sehr geschätzt. Lysin, Methionin und Threonin sind wichtige Aminosäuren für den Stoffwechsel der Pferde. Spurenelemente wie Selen, Mangan, Kupfer und Kobalt reichen zwar nicht aus um den Bedarf oder Mängel beim Pferd auszugleichen, runden aber die Versorgung des Pferdes mit zusätzlichem Mineralfutter gut ab. Gerade die B-Vitamine regen die Aktivität der Darmbakterien an und können diverse Ungleichgewichte, die Einfluss auf eine funktionierende Darmtätigkeit nehmen, sehr gut ausgleichen.
Bierhefe für Pferde – die richtige Dosierung
Die Angaben über die tägliche Menge für das Pferd sind recht unterschiedlich. Die Dosiervorschläge tendieren je nach Anbieter der Bierhefe zwischen 50 Gramm und 250 Gramm pro Tag und Großpferd. Die großen Unterschiede kommen vermutlich daher, dass man die Fütterungsmengen aus der Masttierhaltung auf die Pferde übertragen hat. Dennoch besteht ein wesentlicher Unterschied der Wirkung auf den Verdauungsstoffwechsel zwischen Wiederkäuern (Nutztiere mit mehreren Mägen) und Monogastrieern (Tieren mit nur einem Magen). Insbesondere der hohe Gehalt an Phytinsäure in der Bierhefe und gerade auch im Biertreber hemmt die Aufnahme wichtiger Vitalstoffe. So hat die Fütterung des Pferdes mit Bierhefe leider auch eine Kehrseite. Das Problem aber, die Resorption von Zink, Mangan, Kupfer oder Eisen derart zu beeinträchtigen, dass es hier ggf. zu einer einseitigen Mangelproblematik käme, sehe ich bei täglichen Mengen von ca. 50 Gramm Bierhefe beim Pferd eher nicht. Problematisch ist selbstverständlich, wenn höhere Mengen regelmäßig über längeren Zeitraum verfüttert werden und insbesondere dann, wenn darüber hinaus Kleieprodukte (Weizenkleie, Reisschalenkleie) oder größere Mengen an Kraftfutter verfüttert werden. Da aber 50 Gramm Bierhefe pro Tag beim Pferd ernährungsphysiologisch wenig ausrichten und höhere Mengen eben dann die oben genannten Nachteile bringen – muss hier wohl oder übel individuell abgewogen werden.
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Lebendhefe (Yea Sacc) für das Pferd
Einen mittlerweile starken Trend erfahren die Lebendhefen in der Pferdefütterung. Lebendhefen sind eigens für die Fütterung hergestellte lebende Hefebakterien, die ebenfalls aus der Gattung der Saccharomyces cerevisiae gewonnen werden. An der jeweiligen numerischen Endung kann man erkennen, ob diese auch aktiv, d.h. probiotisch sind und ob sie für Pferde zugelassen wurden. Diese Hefe hat mit Bierhefe nur gemeinsam, dass sie aus derselben Spezies (Gattung) stammt. Die Wirkungsweise bzw. die Wirkung auf das Pferd unterscheiden sich jedoch deutlich. Bei der bei uns verwendeten Lebendhefe handelt es sich um lebende aber nicht vermehrungsfähige Mikroorganismen. (Blähungen, Durchfall oder Koliken werden damit ausgeschlossen). Häufig wird auch der Begriff YeaSacc mit Lebendhefe in Verbindung gebracht. Nachdem unterschiedliche Hersteller die verdauungsfördernde und Abwehr stärkende Wirkung erkannt haben, werden diese auch unter anderen Namen oder numerischen Endungen in den Verkehr gebracht. Alle mir bekannten Lebendhefen für Pferde besitzen eine hohe Resistenz gegenüber der Magensäure des Pferdes. D.h. sie überstehen nahezu unbeschädigt die Magenpassage und entfalten insbesondere im Blind- und Dickdarm ihre Wirkung. Ein gut vergleichbares Qualitätsmerkmal bei der Lebendhefe ist die sogenannte KBE – Zahl, die immer auch neben der Angabe des Hefestammes aufgeführt wird. Sie gibt Auskunft über die Anzahl der Koloniebildenden Einheiten – also Anzahl der aktiven Bakterien.
Lebendhefen erhöhen die Faserverdauung
In etlichen Studien wurden bei der Zugabe von Lebendhefen beim Pferd eine höhere Verdaulichkeit der Faserstruktur (Rohfaser) im Heu oder Stroh erreicht. Diese Fasern müssen im Blind- und Dickdarm verdaut werden. Grobes Heu aber bedarf einer sehr hohen Aktivität der im Dickdarm befindlichen rohfaserverdauenden Bakterien. Die zellulosespaltenden Mikroorganismen im Dickdarm werden durch die zugefütterte Lebendhefe stabilisiert und so eine verbesserte Verdauungsaktivtät erreicht. Gerade bei Pferden mit eine Neigung zu Kotwasser, insbesondere bei der Umstellung von Weide auf Heu und Stroh, konnten wir mit der Fütterung von Yea Sacc Mikro gute Erfolge erzielen.
Lebendhefen haben eine immunogene und antimikrobielle Wirkung auf das Pferd
Unterschiedliche Studien (z.B. Petzold und Müller, 1986 / Gedek und Amselgruber, 1990) fanden heraus, dass lebende Hefezellen eine unspezifische Stimulierung auf das Immunsystem bewirken. Aufgrund ihrer besonderen Glykoproteinstruktur der Zelloberfläche vermutet man, dass es hierdurch zu Abwehrreaktionen kommt, die die aktive Immunabwehr des Pferdes stärken. Die Barrierefunktion der Darmschleimhaut wird durch eine Zufütterung von Lebendhefe unterstützt. Diese Hefen sind auch in der Lage bakterielle Toxine zu binden und das Anheften verschiedener Krankheitserreger an die Darmwand des Pferdes zu unterdrücken bzw. deren Ausscheidung zu fördern.
Bierhefe, Biertreber und Lebendhefe für Pferde
Zusammenfassend haben beide Hefen aber auch der Biertreber eine verdauungsfördernde bzw. –unterstützende Wirkung auf das Pferd. Bei der Bierhefe oder der Bierhefe mit Treber überwiegen die hochwertigen nativen Bestandteile. Hochwertige Aminosäuren und insbesondere B-Vitamine ergänzen die tägliche Versorgung des Pferdes mit einem Mineralfutter und eignen sich insbesondere als zusätzliche kurweise Anwendung im Fellwechsel, im Training oder bei erhöhtem Bedarf an B-Vitaminen nach Krankheit.
Die lebendenden Mikroorganismen in der Lebendhefe wie z.B. unser Yea Sacc Mikro oder in niedrigerer Dosierung in einigen unserer Ergänzungsfutter, nehmen darüber hinaus aktiv Einfluss auf die Mikrodarmflora insbesondere im Blind- und Dickdarm des Pferdes. Damit können die Immunabwehr gestärkt, Verdauungsprobleme wie Durchfall oder Kotwasser beseitigt, die Entgiftung unterstützt und die Verdaulichkeit von Rohfaser verbessert werden. Im Regelfall reichen hier täglich 10 bis 20 Gramm Yea Sacc Mikro beim Pferd aus, um diesen Effekt zu erzielen (es sollte kurweise für mindestens 4 Wochen gefüttert werden).